2024-05-18
Tim Szent-Ivanyi vom RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) meint, er sei „längst überfällig“ und tadelt Patientinnen und Patienten. Inhaltlich hat er uns wenig mitzuteilen.
Ich habe ihm soeben eine Protest-E-Mail zugesandt:
Ruhr Nachrichten | Castrop-Rauxel-Ausgabe vom 18.05.2024
Krankenhaustransparenzregister
Längst überfällig
»Selbst dann, wenn jemand nur einen Toaster kaufen will, werden zunächst diverse Online-Portale oder Zeitschriften mit Testberichten durchforstet. Bei der eigenen Gesundheit sind viele Deutsche aber nicht so wählerisch. Hauptsache, Praxis oder Krankenhaus sind um die Ecke. Dabei gibt es auch bei medizinischen Behandlungen riesige Qualitätsunterschied.«
Hallo Tim Szent-Ivanyi,
was soll dieses Patienten-Bashing. Die grottenschlechte Gesundheitsversorgung der Bundesrepublik Deutschland ist von der Regierung bzw. deren Vorgänger genau so und nicht anders gewollte gewesen. Karl Lauterbach hat daran einen nicht unerheblichen „Schuld“-Anteil. Ich bin der Meinung, die Bevölkerung hat legitimen Anspruch darauf, sich angesichts der Komplexität des Themas auf eine bereits vorhandene zuverlässige und signifikante gesundheitliche Versorgung verlassen zu können, einfach so – ohne sich zuvor erst schlau machen zu müssen.
Selbstverständlich ist auch Ihnen bekannt, dass Lauterbach und Regierungen die Öffentliche Daseinsvorsorge unter den Primat des privaten Gewinns organisiert haben. – Die Patientenpopulation wurde unter eben diesem Primat versorgt.
»Die gesetzlichen Krankenkassen werben seit Jahren dafür, dass sich die Patientinnen und Patienten intensiv damit beschäftigen sollen, ob eine Klinik überhaupt für die konkrete Behandlung oder den Eingriff geeignet ist. Doch wirklich erfolgreich waren sie damit bisher nicht.« – Was ein Schwachsinn!!!
Was soll das denn bewirken? Das Internet ist voll von Hochglanzprospekten, in denen sich die Kliniken selbst über den Klee loben und sich mit ihren Zertifikaten schmücken. Aber der praktische Alltag sieht total anders aus, was in der Zwischenzeit ja auch eindrucksvoll selbst noch von den Gesinnungsmedien selbst täglich beschrieben wird.
Praktisches Beispiel: Oktober 2008. Gallenblasen-OP
Nach Aufwachen aus der Narkose im Aufwachraum erfolgte die Information, dass ich in der Aufwachphase aus dem Bett gefallen sei. Ergebnis: Großflächiger Bluterguss mit Hautabschürfung am linken Ellenbogen. Ferner Druckschmerz im oberen Rippenbereich bei Linkslagerung. Auszug aus dem Arztbrief: „Im Exzitationstadium stürzte der Patient im Aufwachraum aus dem Bett und schlug auf den linken Ellenbogen.“
In der Nacht nach der OP legte mir die Schwester eine erneute Infusion an. Ich reklamierte umgehend: „Schwester die Infusion brennt!“ Ihr Kommentar: „Ja, das ist so. Nach einiger Zeit stellte ich fest, dass die Flüssigkeit unter die Haut des Handrückens gelaufen war, sich subkutan „ein Ei“ gebildet hatte.
Der Zugang musste also entfernt und ein neuer gelegt werden. Hierzu rief die Schwester die diensthabende Ärztin herbei. Auch von dieser kein einziges Wort des Bedauerns, stattdessen Relativierung („So etwas kann eben passieren.“), und schließlich meinte sie, ich hätte eben schlechte Venen. Ich musste das so verstehen, dass ich den Fehler wohl selbst herbeigeführt hatte.
Bei so viel Ignoranz bestand ich darauf, dass diese Schwester mir zukünftig keinen weiteren Tropf mehr anlegt und der Zwischenfall in die Patientendokumentation aufgenommen wird, zumal es zwei Nächte zuvor bei derselben Schwester zu einem ähnlichen Vorfall gekommen war. Nur war mir die Flüssigkeit nicht unter die Haut gelaufen, sondern hatte sich auf den Fußboden ergossen. Auch da musste von der diensthabenden Ärztin ein neuer Zugang gelegt werden. Diese ließ drei Stunden auf sich warten („Wir hatten Halloween in der Aufnahme“, informierte sie später). Die Schwester fand es nicht nötig, mich über die mögliche Verspätung der Ärztin zu unterrichten. Kurze Zeit später kam Herr Dr. P. zu mir, um sich förmlich zu entschuldigen, am nächsten Tag tat dies auch Herr Dr. B. – Und wissen Sie, was der größte Witz ist: Die DAK sandte mir unter dem 18.11.2008 ein Schreiben zu, indem ich gebeten wurde, mich zu dem Unfallhergang zu äußern. Wohlgemerkt, ich war im Exzitationstadium aus dem Bett gefallen. Im narkotisierten Zustand, also.
Praktisches Beispiel: November 2017. Halsschlagader-OP, 97-prozentiger Verschluss
24.11.2017
Nach gestriger Aufnahme und einer Nacht im Krankenhaus um 8:15 Uhr Verschiebung des Termins wg. Notaufnahme auf zunächst den 26.11 durch den Oberarzt. Gegen 16 Uhr dann auf den 29.11.2017 (per Telefonanruf) wg. zweier weiterer Notaufnahmen durch den Assistenzarzt.
29.11.2017
Erneute Krankenhausaufnahme. OP am 30.11.2017. Als ich mich verabredungsgemäß gegen 16 Uhr auf der Station melde, macht das anwesende Personal große Augen, denn niemand erinnert sich an mich, und meine Patentakte ist auch nicht zu finden. Ich selbst machte das Personal auf den OP-Termin am nächsten Tag, morgens um acht Uhr, aufmerksam. Da war dann „Holland in Not“. Die gesamte anamnestische Erhebung musste nun erneut erfolgen. Aufnahme wg. Bettmangels zunächst auf der Unfallchirurgischen Abteilung.
Hierum, Tim Szent-Ivanyi, um die praktischen Abläufe in unseren Kliniken, die ihrem Online-Hochglanz-Prospekt nach alle hoch- bis höchstqualifiziert sind. Und selbst verständlich wird uns auch diese Regierung bzw. deren Gesundheitsminister in Hochglanz-Qualität täuschen und austricksen.
Auch Lauterbachs Reform trägt die klare Handschrift der Gesundheitsökonomie, einer kapitalfreundlichen Umgestaltung des Krankenhauswesens, in welcher Profitinteressen grundsätzlich vor den selbstverständlichen und legitimen Gesundheitsinteressen der Menschen/Patienten stehen. Ebenso ergibt ein genauerer Blick auf Lauterbachs Reform, dass in Wirklichkeit die Fallpauschalen bestehen bleiben und bloß teilweise durch ein zweites, bürokratieintensives Pauschalensystem (Vorhaltevergütung) ergänzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Beineke
P.S.: Ich werde dieses Schreiben an Sie auf meiner persönlichen Homepage veröffentlichen.
Admin - 16:28:36 @