2018-08-01
Vor ziemlich genau einem Jahr beklagte er sich: »Die USA stellen ihre Hilfe für syrische Rebellen ein, doch wirkungsvolle Unterstützung gab es ohnehin nie. Washington wollte sich nicht festlegen – Diktator Assad profitiert heute davon.«
Was Moritz Baumstieger geflissentlich ausließ: Bei diesen syrischen Rebellen, wie er es kaschierend ausdrückt, handelte es sich in Wahrheit um die US-Unterstützung der kampfstärksten und entschlossensten Gegner der syrischen Regierung, in der Sprachregelung der Hofberichterstattung “Rebellen” genannt, nämlich die CIA-Unterstützung der Dschihadisten und Salafisten, allen voran die al-Qaida-Truppe al-Nusra (in unterschiedlichen Namens- und Allianzauftritten) und die salafistisch-dschihadistische Ahrar al-Sham sowie Dschihadistenformationen wie Jaysh al-Islam, die den militärische Gegenblock zur syrischen Regierung dominierten. Sie bestimmten, wie der “syrische Dschihad” zu verlaufen hat. Ziel: Syrien zu einem Emirat umzuwandeln. – Diese Zusammenarbeit hatte Donald Trump zum Leidwesen von Moritz Baumstieger soeben beendet.
Aber so genau möchte der Journalist dem Michel nicht aufklären. Realität ist, was man dafür erklärt.
Und er hat es wieder getan – sich über den Sieg Assads echauffiert: »Die Truppen von Baschar al-Assad haben die letzten IS-Kämpfer aus Syriens Süden vertrieben, nun regiert der Diktator wieder fast das ganze Land.«
Ich habe ihm einen Brief geschrieben, und Moritz Baumstieger hat auch geantwortet:
From: j.beineke@t-online.de
Sent: Tuesday, July 31, 2018 8:48 PM
To: Baumstieger Moritz
Subject: Ihr Kommentar auf sueddeutsche.de vom 31. Juli 2018, 18:32 Uhr
Syrien-Konflikt Assads nahender Sieg ist ein Dilemma für Europa
Hallo Moritz Baumstieger,
Ihre jüngste Mediensaga zu Assad und Russland ist für mich eine skandalöse pathologische Entgleisung.
Ich möchte Ihnen eingangs die Frage stellen, welches Recht Europa und Deutschland eigentlich bemühen, sich an dem multinationalen Zerstörungskrieg in Syrien seit 2011 zu beteiligen? Doch sicher nicht die Charta der Vereinten Nationen.
»Die Truppen von Baschar al-Assad haben die letzten IS-Kämpfer aus Syriens Süden vertrieben, nun regiert der Diktator wieder fast das ganze Land.«
Für Sie offensichtlich unfassbar! Baschar al-Assad ist der legitime Präsident der rechtmäßigen Regierung der Arabischen Republik Syrien. Über sein Schicksal darf daher nach allgemeinem westlichem Rechts-Verständnis lediglich das syrische Volk entscheiden.
Journalisten wie Sie – ihrem Gehabe nach sakrosankte Inhaber der Deutungshoheit – tun das, was westliche Regierungen schon lange tun, sie ignorieren international verabredete Regelwerke, um ihre eigene Saga zu transportieren. Ja – Nun regiert Baschar al-Assad „wieder fast das ganze Land“!
»Doch nicht nur der Westen steht vor einem Dilemma, auch Assads Schutzherr Wladimir Putin. Russland hatte die militärische Kraft, Syrien zu Schutt zu bomben. Doch nun, da sich der Präsident im Amt gehalten hat, fehlen Moskau echte Mittel, um Druck auf Assad auszuüben.« So ein ausgemachter Stuss!
Russland ist die einzige Nation, die für ihre Syrien-Intervention nach internationalem Recht über einen legalen Status verfügt, da es Schutzmacht dieser legalen Regierung Syriens ist.
Wobei Russlands Truppen und die von Baschar al-Assad ja ganz offensichtlich ein Dream Team waren, das gut harmonierte. Etwas, das Sie in Ihrer Borniertheit nicht zugeben können. Das Syrien-Trauma des Westens lässt grüßen.
Ob Baschar al-Assad Präsident Syriens bleibt, hängt ganz überwiegend von Wladimir Wladimirowitsch Putin und dessen Verbündeten ab. Auch, wenn der Westen mit seinen devoten Medien noch so krakeelt. Wenn einer kein „Dilemma“ bezüglich Assad hat, dann ist es Putin.
Und noch etwas: »Russland hatte die militärische Kraft, Syrien zu Schutt zu bomben.« Das ist ja wohl der Gipfel von schmutziger Desinformation. Würden Sie uns bitte mal erklären, was die westliche Internationale Allianz gegen den Islamischen Staat in Syrien gemacht hat, Deutschland mit seiner AWACS-Truppe zumal.
Dieser multinationale Syrien-Krieg hat anders, als Sie beschönigend behaupten, 10 Millionen Syrer zu Flüchtlingen gemacht und der verkommene Westen hat hieran einen gehörigen Anteil.
Und folgende Einlassungen von Ihnen sind an Obszönität nicht zu toppen:
»Fluchtursachen zu bekämpfen ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, und was könnte mehr dazu beitragen, als in den verheerten Städten und Dörfern wieder Hoffnung keimen zu lassen. Und wenn sich so auch Teile der Flüchtlinge zu Heimkehr bewegen lassen, die längst zum innenpolitischen Problem geworden sind: umso besser.«
Für wie blöd halten Sie den Michel eigentlich, Ihm eine derartige Unverschämtheit zu präsentieren. „Fluchtursachen“! Sie und Frau Merkel selbst sind mit ihrem oberflächlichen Gerede selbst Bestandteil der Fluchtursachen, denn Sie ignorieren, dass zwischen den Kriegen (des Westens) und dem Entstehen von Flüchtlingen eine signifikante Korrelation besteht. Die Fluchtursachen sind der Krieg.
Wo waren Sie eigentlich während der letzten 28 Jahre Ihrer 36 Lebensjahre? Wo und wie sind Sie sozialisiert worden? Ich habe es Ihnen schon einmal geschrieben:
Ich finde, Kosovo, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien mit einer Bilanz all dieser Kriege von mittlerweile 1,5 Millionen Menschenleben und zig-Millionen Flüchtlingen sind nun wahrhaftig keine Empfehlung, den Mund so voll zu nehmen, wie Sie das tun. Die Katastrophe Syrien ist auch das Ergebnis verkommener westlicher Interventionspolitik, die vor völkerrechtwidrigen Angriffskriegen nicht zurückschreckt und mithilfe symbiotischer Kumpanei von den westlichen Medien mit Chorgesang begleitet wurde und wird.
…
Vor ziemlich genau einem Jahr haben Sie sich schon einmal über den Sieg Assads echauffiert.
Ich habe Ihnen damals bereits einen langen Email-Brief geschrieben. In der Zwischenzeit schützen Sie sich vor Widerworten, indem Sie die Email-Adresse aus Ihrer SZ-Vita entfernt haben.
Mit eher unfreundlichen Grüßen
Jürgen Beineke
P.S.: Ich erlaube mir, diese Post an Sie in öffentlichen Politikforen und auf meiner persönlichen Homepage zu verwenden. Hierfür habe ich extra eine eigene Seite eingerichtet.
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Jürgen Beineke
44577 Castrop-Rauxel
Jürgen Beineke Homepage
…
Die Antwort:
From: Baumstieger, Moritz
Sent: Wednesday, August 1, 2018 10:48 AM
To: ‘j.beineke@t-online.de’
Subject: AW: Ihr Kommentar auf sueddeutsche.de vom 31. Juli 2018, 18:32 Uhr
Sehr geehrter Herr Beineke,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ihre von Bewunderung für Autokraten durchsetzte Sicht der Dinge kann ich jedoch in fast allen Einzelheiten nicht teilen, es freut mich aber, dass Sie diese frei äußern können und sogar Foren finden, die sie veröffentlichen. Dass dies umgekehrt in den Reichen des „legitimen Präsidenten“ Syriens oder von Wladimir Wladimirotwitsch Putin nicht so einfach möglich wäre, könnte Ihnen zu denken geben, muss es aber natürlich nicht. Ansonsten erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass Sie Putins Ehrendoktorwürde der Universität Belgrad, den Konfuzius-Friedenspreis der VR China sowie den Hugo-Chavez-Friedenspreis nicht unterschlagen sollten, wenn Sie den russischen Präsidenten schon so huldvoll in Ihren Mails anführen.
Danke für den Hinweis, dass meine Mail-Adresse nicht verlinkt ist, ich werde die IT bitten, das zu ändern.
Immer freundliche Grüße,
Moritz Baumstieger
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Meine Replik:
From: j.beineke@t-online.de
Sent: Wednesday, August 1, 2018 11:27 AM
To: Baumstieger, Moritz
Subject: Re: Ihr Kommentar auf sueddeutsche.de vom 31. Juli 2018, 18:32 Uhr
Hallo Moritz Baumstieger,
danke für den Hinweis auf die Ehrungen Putins durch die Universität Belgrad, die VR China und Venezuelas. Das war mir bisher unbekannt.
Doch den Part der Dauerbefassung mit Putin, besser dessen Dämonisierung, bedienen Sie, die devoten Systemmedien. Was ich tue, ist ihnen und mithin auch Ihnen persönlich im konkreten Fall den fehlenden Part zu liefern.
Ich bevorzuge eine systemische Sichtweise.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Beineke
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Admin - 16:34:37 @