2019-03-14

Sahra Wagenknechts Rückzug und der böse Verdacht von BILD

Sahra Wagenknecht kandidiert im Herbst nicht erneut für das Amt als Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE.‭ ‬im Bundestag.‭ ‬Zuvor hatte sie bereits erklärt,‭ ‬keine Führungsrolle bei der‭ “‬aufstehen‭”‬-Sammlungsbewegung einnehmen zu wollen.

           »‬Ich war jetzt knapp zwei Monate krank,‭ ‬und die gesundheitlichen Probleme waren eine direkte Folge des extremen Stresses,‭ ‬den ich in den letzten Jahren hatte.‭ ‬Inzwischen geht es mir wieder gut,‭ ‬aber ich muss in Zukunft mein Arbeitspensum etwas anpassen und eine neue Balance finden‭«‬,‭ ‬so Sahra Wagenknecht.

Sahra Wagenknecht_ Pressestatement per 2019-03-12.pngZum Video

Sie bleibt weiterhin gemeinsam mit Dietmar Bartsch Fraktionsvorsitzende,‭ ‬bis ein neuer Fraktionsvorstand gewählt wird.‭ ‬Über den Termin dieser Wahl will sich die Fraktion im Frühsommer beraten.

In diesem Zusammenhang bekommt ein‭ »‬böser Verdacht‭«‬,‭ ‬den BILD im Oktober‭ ‬2017‭ ‬öffentlich machte,‭ ‬eine neue Dimension.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht,‭ ‬den Text‭ ‬der entsprechenden Printausgabe von BILD auszulesen,‭ ‬später fand ich sogar eine‭ ‬Online-Version vom‭ ‬12.10.2017.

Hier der Wortlaut:

‭»‬Böser Verdacht
Wird Sahra Wagenknecht in der Linkspartei gemobbt‭?
Von F.‭ ‬Solms-Laubach

Berlin‭ ‬-‭ ‬Im Bundestag bedeutungslos,‭ ‬im Inneren offenbar zerrissen:‭ ‬Soll nun auch Fraktionschefin Sahra Wagenknecht‭ (‬48‭) ‬weggemobbt werden‭?

Gleich vorweg:‭ ‬Parteichef Bernd Riexinger‭ (‬61‭) ‬bestreitet den Vorgang.‭ ‬Doch ein Zeuge gab BILD gegenüber eine eidesstattliche Versicherung ab.‭ ‬Das soll geschehen sein:‭ ‬Auf der Sommertagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung vom‭ ‬4.‭ ‬-‭ ‬8.‭ ‬Oktober in Madrid diskutierten rund‭ ‬80‭ ‬Nachwuchspolitiker,‭ ‬die meisten aus Deutschland,‭ ‬über‭ “‬Strategien,‭ ‬Streitfelder und soziale Rechte‭”‬.

Linken-Chef Riexinger sprach das Grußwort und betreute die jungen Genossen.‭ ‬Auch am Freitag,‭ ‬dem‭ ‬6.‭ ‬Oktober,‭ ‬abends in der Bar‭ “‬La Biblioteca‭” (‬Platz für rund‭ ‬50‭ ‬Gäste,‭ ‬ein Liter Bier‭ ‬6‭ ‬Euro‭)‬.

Mehr als ein Dutzend Parteimitglieder versammelten sich am langen braunen Holztisch im ersten Stock.‭ ‬Am späten Abend soll Riexinger‭ – ‬so ein Teilnehmer‭ – ‬über die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht doziert haben:

‭„‬Sahra ist leider nicht aufzuhalten als Fraktionsvorsitzende.‭ ‬Man kann sie nicht einfach abschießen.‭ ‬Sahra muss gegangen werden und daran arbeiten wir.‭ ‬Wenn wir sie immer wieder abwatschen und sie merkt,‭ ‬sie kommt mit ihren Positionen nicht durch,‭ ‬wird sie sicher von alleine gehen.‭“
Auch über Wagenknechts Mann,‭ ‬Oskar Lafontaine‭ (‬74‭)‬,‭ ‬soll Riexinger laut der eidesstattlichen Versicherung kein gutes Wort verloren haben:‭ „‬Wenn ich sehe,‭ ‬was der Oskar,‭ ‬dieses Arschloch,‭ ‬da für Angriffe auf uns fährt,‭ ‬dann glaube ich auch,‭ ‬dass wir das hinkriegen werden.‭“

Nach Mitternacht,‭ ‬und vielen weiteren Bier-‭ ‬und Weinrunden am Linken-Tisch,‭ ‬soll Riexinger gesagt haben:‭ „‬Ihr müsst das verstehen.‭ ‬Der Oskar hat mich verraten.‭“

Auf BILD-Nachfrage bestritt Linken-Partei-Chef Bernd Riexinger gestern diese Aussagen und sagt,‭ ‬dies könnten‭ „‬genügend Zeugen bestätigen‭“‬.‭«

Diesen‭ »‬bösen Verdacht‭« ‬griff Sahra Wagenknecht in ihrem‭ ‬»Brief zur Vorbereitung unserer Klausurtagung‭«‬,‭ ‬in dem sie die Mobbingvorgänge en detail beschrieb,‭ ‬ebenfalls auf und kündigte folgerichtige Konsequenzen an:

           »‬Allerdings kann ich Bernd Riexinger und Katja Kipping beruhigen:‭ ‬sie werden sich nicht die Mühe machen müssen,‭ ‬mich über Monate wegzumobben.‭ ‬Wenn die GO-Anträge zum Stimm-‭ ‬und gleichberechtigten Rederecht der Parteivorsitzenden durchkommen und/oder unsere Personalvorschläge keine Unterstützung finden,‭ ‬nehme ich das als mehrheitlichen Wunsch der Fraktion zur Kenntnis,‭ ‬auch die Fraktionsspitze neu zu besetzen.‭ ‬Das ist ein demokratischer Vorgang,‭ ‬den ich selbstverständlich akzeptiere.‭ ‬Diesen Wunsch möchte ich dann nicht blockieren und würde unter solchen Voraussetzungen nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zur Verfügung stehen.‭«

Das war und ist auch dann konsequent,‭ ‬wenn sie in diesem,‭ ‬mittlerweile chronisch pathologischen System‭ (‬Gregor Gysi bezeichnete die Atmosphäre in der Fraktion schon einmal als Hass‭) ‬nicht so weiterarbeiten will und Konsequenzen zieht,‭ ‬wenngleich gesundheitliche Gründe hierfür vorangestellt werden.
‭…

In der Freitag-Community ist eine heftige Diskussion zu Sahra Wagenknechts Entscheidung entstanden.‭ ‬Es lohnt sich sehr,‭ ‬da hineinzuschauen.

Einer meiner eigenen Beiträge dort:

Auf jeden Fall impliziert die prophylaktische Ankündigung Sahra Wagenknechts einer gesundheitlichen,‭ ‬sprich psychohygienischen Balance wegen,‭ ‬zukünftig nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zur Verfügung zu stehen,‭ ‬ihre Annahme,‭ ‬sie könnte aller ekelhaften Widrigkeiten zum Trotz,‭ ‬dennoch erneut in diesen Job gewählt werden.‭ ‬Nichts anderes ist‭ ‬2017‭ ‬geschehen.

Das tut mir sehr gut‭!

Eine Persönlichkeit des gesunden Menschenverstandes,‭ ‬wie sie Sahra Wagenknecht verkörpert,‭ ‬lässt sich nicht so ohne Weiteres das Zepter des Handelns aus den Händen nehmen,‭ ‬sondern legt Wert auf Selbstbestimmtheit.‭ ‬Das hat etwas mit ihrem Persönlichkeitsinventar zu tun.‭ ‬Nahezu alles,‭ ‬was sie tut,‭ ‬weist eine logische Folgerichtigkeit auf.

Diese Frau schubst man nicht herum,‭ ‬dafür ist sie viel zu souverän.

An dieser Stelle sehe ich Parallelen mit Oskar Lafontaine,‭ ‬dessen Geradlinigkeit ebenfalls geradezu bestechend ist.

Ich wünsche beiden an dieser Stelle alles erdenklich Gute‭!

Admin - 16:43:30 @