2018-05-05

»Das Fest der Fliegen«

»In den letzten Tagen der Schlacht um Mossul begleitete Ghaith Abdul-Ahad Soldaten der Nationalarmee. Er wurde Zeuge von Folter und Exekutionen«

Von Ghaith Abdul-Ahad in der Freitag-Community vom 07.01.2018 | Übersetzung: Holger Hutt.

Ghaith Abdul-Ahad ist Reporter und hat für den Guardian unter anderem aus Syrien, Libyen und dem Irak berichtet.

Das Geschehen in diesem Bericht macht bzw. ist so unendlich traurig und empörend zugleich, dass ich mich außer Stande sehe, hierzu eine angemessene Bemerkung zu machen. Es gibt nicht einmal Worte des Trostes.

Hier ein Auszug seines Texts:

»Bevor sie auseinandergehen, fragt ein drahtiger junger Offizier namens Taha (Name wurde geändert) den Kommandeur: „Was machen wir mit den zwei Gefangenen?“ Die beiden hatten die Frontlinie überquert und sich zusammen mit einem Zivilisten versteckt, der sie dann aber als mutmaßliche IS-Kader an die Armee verriet. „Wir haben versucht, sie dem Geheimdienst zu übergeben, aber der will sie nicht. Dort wurde mir gesagt: ‚Kümmern Sie sich um die Gefangenen. Wir können sie wegen der Inspektionen des Roten Kreuzes nicht behalten.‘ Daraufhin haben wir sie die ganze Nacht bearbeitet. Einer gab schließlich zu, beim Daesh gewesen, aber schon vor zwei Monaten abgehauen zu sein.“ Alle Anwesenden lachen. „Der andere“, fährt Taha fort, „hat nicht gestanden, obwohl wir ihn lange und hart geschlagen haben. Ich halte ihn daher für unschuldig.“

„Leg sie einfach um“, sagt ein Major. „Lass den einen frei und leg den anderen um“, befiehlt der Kommandeur. Nachdem so entschieden ist, stellt sich die Frage, wem die Ehre zuteil wird, einen IS-Kämpfer zu töten. Kifah, ein großer, schlanker Soldat, der bei Tisch bedient hat, bietet sich an. Doch Taha meint, der IS-Mann müsse einem Hauptmann überlassen werden, dessen Bruder vor gut einem Monat vom Daesh getötet wurde. „Dann übergebt ihm den Mann“, sagt der Kommandeur, bevor er sich in einen Raum begibt, wo der Tee serviert werden soll.«

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Admin - 09:20:38 @