2019-02-02

INF-Vertrag: Medien als Scharfmacher (wie immer)

Nachdem die USA den INF-Vertrag gekündigt haben, tat Russland das ebenfalls. Russland werde nun einen sechsmonatigen Rückzugsprozess aus dem Abkommen in die Wege leiten.

[Bei diesem Beitrag handelt es sich um mein Blog aus der Freitag-Community]

Infolge werde Russland Raketen entwickeln, die bisher unter den Bedingungen des Vertrags verboten gewesen seien.

          »Unsere Antwort wird eine Spiegelreaktion sein. Unsere US-Partner sagen, dass sie ihre Teilnahme am Vertrag einstellen, und wir tun dasselbe. Sie sagen, dass sie [an neuen Waffen] forschen und testen, und wir werden dasselbe tun«, erklärte der russische Präsident bei einem Treffen mit Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Shoigu. (Quelle: RT deutsch)

Putin erklärte zudem, dass Moskau dennoch weiterhin offen für Verhandlungen sei, solange der INF-Vertrag auf dem Tisch bliebe.

Und schon stehen sie wieder in den Startlöchern: Die systemgetreuen Medien. Hatten Sie ihre Putin- und Russlandhetze nie drangegeben (1) und für ihre entsprechende Propaganda zweckdienliche Narrative verwendet – jetzt drehen sie wieder richtig auf.

(1) Ich erinnere an mein Blog vom 28.04.2018: Es ist ein Fehler aufgetreten.

Matthias Koch, Mitglied der Chefredaktion des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), z. B. agitierte heute Morgen mal wieder mit einem Kommentar gegen Putin/Russland.

»Die Älteren kratzen sich am Kopf: Habe ich das nicht alles schon mal erlebt, Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre?
Willkommen in der neuen deutschen Nachrüstungsdebatte. Es ist in der Tat das gleiche Spiel. Heute wie damals testet Moskau den Westen – militärisch, politisch, vor allem aber psychologisch. Das Zielgebiet von Wladimir Putins neuen Raketen ist der Bereich zwischen unseren Ohren. Sind die Europäer bereit, in Zonen zu leben, die von Russland vernichtet werden können – ohne Vorwarnung und ohne Gegenschlagsmöglichkeit?«

So Matthias Koch in der Ausgabe der ‘Ruhr Nachrichten DN-Dorsten’, 02.02.2019, Seite 2:

»Das neue atomare Aufrüsten - Putin blickt auf spaltbares Material«

Ich habe ihm soeben nachfolgende Protest-Email geschrieben:

Hallo Matthias Koch,

böswilliges Putin/Russland-Narrativ in Variation. Man könnte auch sagen: Aufwiegeln der Bevölkerung gegen Putin/Russland.

Könnt ihr nicht mal aufhören, gegen Putin zu hetzen, gegen einen US-amerikanischen Präsidenten, der den Dialog mit Russland suchte. Ihr betreibt ganz bewusst Scharfmacherei.

Euer neues undifferenziertes Schimpfwort dabei: Nationalismus. Wieso isoliert Putin „Nationalismus und Militarismus“ vorwerfen. Der Mann hat gerade mal 66 Milliarden Dollar für Kriegs-Equipment zur Verfügung, Herr Trump demnächst über eine Billion und macht den militärisch-industriellen Komplex zum Wirtschaftsprogramm. Donald Trump hat immer wieder betont, dass die militärische Aufrüstung vor allem auch den Wirtschaftsstandort USA stärken soll.

Und wenn Sie Russland diskriminierend Nationalismus vorwerfen, ignorieren Sie seine zahlreichen Angebote an „den Westen“ die dieser, ausdrücklich, um Russland zu isolieren und in den Bankrott zu treiben, zurückgewiesen hat. Und Sie, „die Medien“, haben das alles propagandistisch begleitet und sind den US-Amerikanern in den Hintern gekrochen. Sie persönlich hetzen ja noch immer gegen Putin/Russland.

»Sind die Europäer bereit, in Zonen zu leben, die von Russland vernichtet werden können – ohne Vorwarnung und ohne Gegenschlagsmöglichkeit?«

Eine Frechheit, diese Bemerkung, angesichts der Alternative einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit Russland, die „der Westen“ immer wieder zurückwies und den Nachbarn stattdessen immer und immer wieder mit Sanktionen belegte.

Hat die Rede Putins vor dem Deutschen Bundestag am 25. September 2001 nicht stattgefunden?

Hat die Rede des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2007 nicht stattgefunden?

Außerdem sollten Sie als Promotor westlicher Ideologie den Mund nicht so voll nehmen:
Seit dem ersten Irak-Krieg 1991 zieht sich eine Blutspur der NATO und williger Koalitionen von Jugoslawien und Afghanistan über den Nahen Osten, den Jemen und Libyen bis nach Mali. Millionen Menschenleben und zig-Millionen Vertriebene sind die Folge.

Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien mit einer Bilanz dieser westlichen, zumeist völkerrechtswidrigen Interventionskriege von mittlerweile 1,5 Millionen Menschenleben und zig-Millionen Flüchtlingen ist die obszöne Reputation, die sich mit der sogenannten „westlichen Wertegemeinschaft“ verbindet, die mal als NATO, mal als Coalition Of The Willing, mal als Internationale Allianz gegen den Islamischen Staat Staaten überfällt.

Was, Matthias Koch, haben denn Sie persönlich Konstruktives für die politische Entspannung unserer Putin/Russland-Beziehung beigetragen. Sie predigen Eskalation, und für Ihre Polarisierung erhalten Sie selbst noch Gehalt. So pervers geht es mittlerweile im politischen Alltag von Gesellschaften zu.

Ihr, „die Medien“, habt in feinem Zusammenspiel mit der Politik die Welt an den Rand einer Katastrophe geführt, gesellschaftliche Kommunikationsformen verroht.

Ich kann eine derartige Berichterstattung, wie Sie sie in Ihrem heutigen Kommentar vornehmen, nicht mehr ertragen und protestiere heftigst hiergegen.

Ich werde diesen Brief an Sie ganz sicher in öffentlichen politischen Foren und auf meiner persönlichen Homepage verwenden.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Beineke

Leserzuschrift: Mo 04 Feb 2019 12:30:04 CET

Hallo Herr Beineke,

vielen Dank für die klaren Aus- und Ansagen zu dem Lei(d)tartikel von Herrn Koch am letzten Wochenende. Da dieser ja nicht nur in der von Ihnen zitierten Zeitung, sondern in den Leitblättern der gesamten Madsack-Gruppe als auch in der Berliner Zeitung (unter anderem Titel) abgedruckt wurde, konnte ich mir mal wieder einen Leserbrief (gleich an Ostsee-Zeitung, MAZ und Berliner) nicht verkneifen – natürlich ohne Hoffnung auf Veröffentlichung. Anbei zu Ihrer Kenntnis:

Zum Beitrag von Matthias Koch „Putin blickt auf spaltbares Material“, Ostsee Zeitung, 2./3. Februar 2019, S. 2

Was mich aufregt und was nicht:

Mich regt gar nicht auf, dass der Beitrag zum x-ten Male die Anti-Putin-Sau durch die Medien treibt, dass die NATO – also wir – wieder die Guten, Russland und China wieder die Bösen sind, dass Putin, der Böse, uns – die gute NATO – zum x-ten Male auseinander dividieren will und, neu im Arsenal, dass der böse Chinese mit einem Griff seiner künstlichen Intelligenz (eine echte scheint er ja nicht zu haben) die amerikanische Weltherrschaft durch seine eigene abschütteln will. Ist ja klar: Die gelbe Gefahr – hatten wir alles schon. Mich regt auch nicht das Ahistorische an dieser Art von Leitartikeln auf, wo ausgeblendet wird, was die eine und die andere Seite in den letzten 30 Jahren getan und gelassen hat und vor allem, warum sie es getan oder gelassen hat.

Nein, das alles wird durch das Recht der freien Meinung abgedeckt, das steht schwarz auf weiß auf feinem Grundgesetzpapier. Jeder in diesem Land hat das Recht auf seine freie Meinung. Auf einem ganz anderen Blatt allerdings steht, wer darüber bestimmt, welche freie Meinungsäußerung denn das Licht der Öffentlichkeit erblicken darf, welcher Beitrag denn öffentlichkeitswirksam, am liebsten gleich meinungsbildend ausgebreitet werden soll. Und da regt mich schon sehr auf, dass ein so einseitig wie propagandistisch daherkommender Artikel dank alter und neuer Medien-Connections am selben Tag nicht nur in der Ostsee-Zeitung, in der Berliner Zeitung, in der Märkischen Allgemeinen Zeitung und wohl auch in allen anderen größeren Blättern der Madsack-Gruppe an das Publikum gebracht wird. Das erinnert doch sehr an überwunden geglaubte Zustände, wo ein Politbüromitglied entschied, was das Volk von der Ostsee bis zum Thüringer Wald zu lesen hatte. Nur heißt das heute nicht mehr Parteipresse, sondern FREIE PRESSE (mit ein wenig Orientierungshilfe durch das RND).

Harald Liepert, Nienhagen

Admin - 16:30:24 @