2018-11-18

Deutschland im Zentrum der Kriegsgefahr

Im Oktober dieses Jahres kündigte US-Präsident Donald Trump an, aus dem INF-Vertrag mit Russland zur Vernichtung der nuklearen Mittelstreckenraketen aussteigen zu wollen. Als Begründung führte er an, Russland habe den Vertrag verletzt, indem es heimlich verbotene Tests mache. Sichere Beweise dafür konnte er nicht vorlegen.      

                                                         [Mit Material des Friedenskreises Castrop-Rauxel]
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In dem 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion vereinbarten Vertrag wurden der Abbau und die Vernichtung aller landgestützten nuklearen Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern beschlossen. Besitz, Nachbau und Flugtests wurden verboten. Der Vertrag wurde auf unbeschränkte Dauer geschlossen. Beide Seiten hatten aber das Recht zu kündigen.

Ergebnis der Vernunft

Ende der 1970er Jahre hatte die Sowjetunion begonnen, SS20-Mittelstreckenraketen in den Ostblockstaaten zu stationieren, darunter auch in der DDR. Da die NATO-Staaten darin eine Bedrohung sahen, kam es zum NATO-Doppelbeschluss von 1979, der die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen (Pershing II) androhte, wenn die Sowjetunion ihre SS-20- Raketen nicht zurückziehen würden. Nach ergebnislosen Verhandlungen wurden die US-Pershing-Raketen und Cruise-Missiles unter anderem in Deutschland aufgebaut. 
Nicht zuletzt nach breiten Protesten aus der Bevölkerung Deutschlands - 500.000 Demonstranten 1983 in Bonn! - beschlossen nach neuen zähen Verhandlungen US-Präsident Ronald Reagan und Michael Gorbatschow am 8. Dezember 1987 doch die vollständige Vernichtung der nuklearen Mittelstreckenraketen. In der Folge wurden die SS-20-Raketen der Sowjetunion und die Pershings II und Cruise-Missiles der USA auch tatsächlich vernichtet: Unter gegenseitiger Kontrolle wurden 846 Raketen der USA und 1.846 der Sowjetunion zerstört, einschließlich der dazu gehörigen Abschusssysteme.

Friedenskreis CAS 2018_Nov_1.PNG.jpg1988?- Eine Pershing II wird gemäß dem INF-Vertrag aus Waldheide bei Heilbronn abtransportiert.

Deutschland als Gewinner

Da die Grenze zwischen Warschauer Pakt und NATO im Westen mitten durch Deutschland verlief, wären im Falle eines Atomkriegs Ost gegen West beide deutsche Staaten komplett vernichtet worden. Dieses katastrophale Schicksal hat uns 31 Jahre lang der INF-Vertrag erspart.

Er war eine beispielhafte Leistung der Entspannungspolitik, die auf Machtdemonstrationen verzichtete, Vertrauen aufbaute und die gegenseitige atomare Vernichtung verhinderte. Abrüstung hat also die Sicherheit Europas und Deutschlands garantiert und letztlich die Wiedervereinigung der deutschen Staaten ermöglicht.

Ergebnis der Unvernunft

Nach dem Ende der Sowjetunion 1989 hätte in Europa nun in der Tat der Frieden einziehen können. 1990 erklärten die USA und die Sowjetunion in der „Charta von Paris“, der Kalte Krieg sei beendet. Aber die USA fingen sofort an, ihre Vormachtstellung auszubauen. Während der Warschauer Pakt sich aufgelöst hatte, holten die USA die früheren Ostblockstaaten in die NATO, obwohl Russland das Gegenteil zugesichert worden war. 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei; 2004 folgten unter US-Präsident Bush sieben weitere Staaten auf dem Balkan und an der russischen Westgrenze.

Fortsetzung des Kalten Krieges

2002 schon kündigte US-Präsident George W. Bush den ABM-Vertrag (Anti Ballistic Missiles), der 1972 zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossen worden war, um das Gleichgewicht zwischen den Atommächten auch bei den Verteidigungswaffen sicherzustellen.
Mit der Kündigung war der Weg frei für den Aufbau des vorgeblichen Raketenschutzschildes der USA an den Westgrenzen Russlands, angeblich gegen „Schurkenstaaten“, der den USA aber auch den atomaren Erstangriff ermöglicht. Inzwischen ist die erste Raketenstation Richtung Russland voll einsatzfähig.

Fortgesetzte Bedrohungen in Europa

Mit dem Wegfall von INF- und ABM-Vertrag fällt die Rüstungskontrolle als zentraler Baustein für die Kriegsvermeidung weg. Der Beschluss der USA trifft nicht etwa Russland in erster Linie, die USA schon überhaupt nicht, sondern die US-Verbündeten in Europa. Die Folge wird nämlich sein, dass die Nachfolger-Pershing II und neue Cruise-Missiles nach Europa und Deutschland zurückkehren. 

Bei der gegenwärtig geschürten Konfrontation mit Russland wird Russland nicht darauf verzichten, seine Atomraketen auf die neuen USA-Stellungen in Europa zu richten. Länder mit USA-Militärbasen sind hoch gefährdet, allen voran Deutschland mit seinen 23 US-Basen, darunter als wichtigster Ramstein in der Pfalz, von der aus in einem zukünftigen Krieg alle entscheidenden Operationen ausgeführt werden. Das atomare Schlachtfeld der Zukunft wird in Europa und mitten in Deutschland liegen.

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Und wie reagiert die Bundesregierung?

Diese Zukunftsperspektive müsste auch die Regierung Merkel aus ihrer Untätigkeit herausholen. Außenminister Heiko Maas und der Bundespressesprecher Steffen Seibert gaben, wie zu erwarten, einseitig Russland die Schuld. Trumps Vertragsbruch wurde nicht kritisiert. Man wolle die Sache in der NATO besprechen, so die schlappe Reaktion.
Die Bundesregierung ist zu einer entschiedenen Haltung gegenüber Trump aufzurufen, die vor einer Aufkündigung des Vertrags Konsultationen sowohl mit Russland wie mit der EU und Deutschland einfordert. Weil es ums Überleben geht, müssen nationale Sicherheitsinteressen Deutschlands im Vordergrund stehen und nicht strategische Überlegungen der NATO oder die „Freundschaft“ mit den USA. Deutsche Politik muss sich aus der Abhängigkeit von den USA lösen und die Konfrontationspolitik gegenüber Russland beenden.

Wir fordern die Regierung Merkel auf:
Setzen Sie sich für Deutschlands Sicherheitsinteressen ein!
Wirken Sie auf Präsident Trump ein, um ihn von seinem Plan abzubringen! 

[Mit Material des Friedenskreises Castrop-Rauxel]

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